Henri Matisse - Scherenschnittwerke
und Gemälde
Zum ersten Mal seit 2006 werden
Scherenschnittwerke und Gemälde von Henri Matisse aus der Sammlung Beyeler bis
zum 12. Januar 2014 in einer besonderen Präsentation nach langer Zeit wieder
ausgestellt. Die Präsentation ermöglicht ein Wiedersehen mit den blauen Akten,
Matisse‘ berühmtesten Scherenschnitten sowie mit Acanthes, wahren Ikonen
der Sammlung Beyeler. Sehr deutlich wird wie
dessen
Werk sich gleichermassen zu einer puristischen Reduktion der Form wie auch zu
einem innovativen Umgang mit Farbe entwickelte, gerade durch seine Arbeit an
den Scherenschnitten die europäische Moderne wie auch die Vertreter des
abstrakten Expressionismus in den USA geprägt hat. Alle Scherenschnitte aus der
Sammlung Beyeler werden nach der Präsentation in unserem Museum nach London in
die Tate Modern und danach ans Museum of Modern Art nach New York reisen, wo in
den Jahren 2014/15 eine grosse Ausstellung der Scherenschnitte von Henri
Matisse stattfindet.
Ergänzt wird die Präsentation
durch die beiden Ölgemälde und die Skulptur Jeannette IV der Sammlung
sowie die grossformatige Tuschezeichnung Nature morte aux grenades, die
hier zum ersten Mal als Teil der Sammlung gezeigt wird. Die Zeichnung war eine
der letzten Erwerbungen Ernst Beyelers.
Nu bleu I ist das Bild einer Kauernden, ein wunderbar in sich
geschlossenes Werk, das wie aus einem Guss zu sein scheint. In seinen Formen
spielt es mit „innen“ und „aussen“ und vermittelt dadurch eine Art von von
körperlicher Kontemplation, von in sich ruhender Erotik. Ganz anders Nu
bleu, la grenouille: Die wie Meeresbuchten anmutenden, auf dem leuchtend
gelben Untergrund verteilten, blauen Formen des Körpers strahlen Aktivität und
explizite Erotik aus. Der Titel La grenouille („der Frosch“) bezieht
sich nicht nur auf das Aussehen des Körpers, sondern verweist auch auf den
Frosch als traditionelles Fruchtbarkeitssymbol. Auch die beiden Granatäpfel
links haben diese symbolische Bedeutung. Am Ende seines Lebens fand Matisse zu
einer völlig neuen Ausdrucksform, die man als Summe seiner Bemühungen um ein
harmonisches Bild, um seine Idee einer „grande décoration“ sehen kann: Er
reduzierte Figur, Farbe und Raum auf eine Art System von Zeichen, die er aus
eingefärbtem Papier mit der Schere schnitt und zu Bildern arrangierte, welche
zunächst die Wände seines Ateliers schmückten. Und endlich ist auch er wieder
zu sehen: Henri Matisse‘ grossformatiger Scherenschnitt „Acanthes“. Drei Jahre
dauerten die Restaurierungsarbeiten an dem Werk, die grosszügig von der
Versicherung National Suisse unterstützt worden sind. Drei Jahre, in denen „Acanthes“
nicht nur ausführlich untersucht, sondern auch für künftige Generationen
erhalten wurde.
Aus Sicht von Matisse entsprach
das Ausschneiden der Papierstücke dem Arbeiten mit dreidimensionalen Körpern: „Mit
der Schere zeichnen. – Direkt in die Farbe hineinschneiden erinnert mich an den
direkten Meisselschlag des Bildhauers“. So bedeuten die „papiers découpés“,
jene Verbindung aus Malerei und Plastik, für Matisse die Erfüllung seines
künstlerischen Schaffens.
Die dazu komponierten Gemälden,
unter ihnen Jardin à Issy, 1917 zeigen, dass Matisse auch in der Malerei
nach der perfekten Balance zwischen Form, Farbe, Fläche und Raum suchte. (Text:
Fondation Beyeler)