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5/21/2014

Goltzius, Hendrick - Städel Museum Frankfurt am Main

Hendrick Goltzius: Stil und Vollendung

Das Frankfurter Städel Museum zeigt vom 4. Juni bis zum 14. September 2014 eine hochkarätige Auswahl niederländischer Druckgrafiken aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert. Im Mittelpunkt der Sonderausstellung stehen etwa 65 Werke des Künstlers

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Hendrik Goltzius * 1558 Mühlbrecht  1617 Haarlem,

eines der virtuosesten Zeichner und Druckgrafiker um 1600. Sein Œuvre zeichnet sich durch hochgebildete und gesucht komplexe Inhalte sowie eine extrem stilisierte Formgebung aus und erlangte dank internationaler Verbreitung seiner Kupferstiche in ganz Europa Berühmtheit. Insgesamt präsentiert die Ausstellung "Stil und Vollendung. Hendrick Goltzius und die manieristische Druckgrafik in Holland" rund 100 Druckgrafiken und vier ergänzende Zeichnungen aus dem Bestand des Städel Museums in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung. Neben zentralen Arbeiten von Goltzius sind mit Jan Harmensz. Muller (1571–1628), Jan Saenredam (1565–1607), Jacques de Gheyn II. (1565–1629) und Jacob Matham (1571–1631) wichtige Künstler aus seinem Umkreis vertreten.
Der 1558 in der Nähe des heutigen Venlo in den Niederlanden geborene Hendrick Goltzius war einer der letzten großen Meister des Kupferstichs, bevor diese Technik im 17. Jahrhundert hinter die flexiblere und persönlichere Radierung zurücktrat. Er stammte aus einer eher bescheidenen Künstlerfamilie am Niederrhein und arbeitete nach seiner Ausbildung zum Kupferstecher für angesehene Druckgrafikverlage in Antwerpen, bevor er 1582 seinen eigenen Verlag in Haarlem gründete. Goltzius steht, obwohl er als ein Künstler des späten Manierismus stilistisch weit vom realistischen Barock des 17. Jahrhunderts entfernt ist, auch am Beginn des holländischen "Goldenen Zeitalters".
Neben der technischen Perfektion liegt eine weitere besondere Qualität der Kunst Hendrick Goltzius’ in ihrem hohen Grad an Reflexion. Er war nicht nur Druckgrafiker, sondern von Anfang an auch Zeichner, der die Kompositionen für seinen Verlag selbst entwarf. Goltzius pflegte engen Umgang mit den bedeutendsten Künstlern Hollands und vor allem mit dem wichtigsten Kunsttheoretiker der Zeit, Karel van Mander (1548–1606). Diese Verbindungen, die mit Bemühungen um eine akademische Professionalisierung der Kunst in den Niederlanden einhergingen, brachten ihn in Kontakt mit Bartholomäus Spranger (1546–1611), dem einflussreichen Hofmaler des römisch-deutschen Kaisers in Prag. Goltzius entwickelte eine Kupferstichtechnik, die den eleganten, gezierten und figurenbetonten Manierismus Sprangers in das druckgrafische Medium übertrug. Seine grafischen Mittel bestehen aus virtuosen, kunstvoll an- und abschwellenden Linien und biegsamen Schraffuren, welche die Plastizität der Formen betonen und eine eigene kalligraphische Qualität entfalten. In der Spranger’schen Kunst stehen die Figuren – elegante Frauen und muskulös heroische Männer – im Zentrum; die Themen schwanken zwischen Religion und gebildeter, oft erotisch gefärbter Mythologie. Goltzius’ eigene Entwürfe in diesem Stil heben insbesondere den heroischen Aspekt der Figuren hervor, etwa in der Folge Die Römischen Helden (1586) oder im Fall von Der große Herkules (1589).
Durch die Arbeiten nach Spranger wurde Hendrick Goltzius zur internationalen Berühmtheit; sein Verlag produzierte die inhaltlich und technisch hochwertigsten Grafiken seiner Zeit. Den Spranger’schen Stil gab er selbst zwar nach wenigen Jahren wieder auf, dessen übereleganten Manierismus führte jedoch Goltzius’ Schüler Jan Harmensz. Muller weiter, der die kunstvolle grafische Sprache noch steigerte, etwa mit schillernden Moiré-Effekten in den Schraffuren. Goltzius, der immer wieder mit neuen Techniken und Formen experimentierte – so zum Beispiel mit dem Farb- oder Helldunkel-Holzschnitt – wandte sich durch die Eindrücke einer Italienreise in den Jahren 1590 und 1591 einer beruhigteren, klaren, an Antike und italienischer Renaissance geschulten Formensprache zu. Beispiel dafür sind die großen Kupferstiche nach antiken Skulpturen wie der Herkules Farnese von 1592. In den 1590er-Jahren trat zudem eine intensive Auseinandersetzung mit den alten Meistern in den Vordergrund; besonders beschäftigte sich Goltzius mit der Druckgrafik von Albrecht Dürer und Lucas van Leyden. Mit seinen sogenannten "Meisterstichen" suchte der Niederländer vor dem Hintergrund der "Aemulatio" – des Nachahmens und Übertreffens der Vorbilder – seinen Rang als den großen Meistern ebenbürtiger, ihnen sogar überlegener Künstler zu demonstrieren. Neben den selbst gestochenen, oft programmatischen Druckgrafiken dieser Zeit ließ er seine einfallsreichen Kompositionen hauptsächlich von Werkstattmitarbeitern, vor allem Jacob Matham und Jan Saenredam, ausführen. Um 1600 überließ Goltzius die Führung des Verlags seinem Stiefsohn Jacob Matham, gab die Beschäftigung mit der Druckgrafik auf und konzentrierte sich bis zu seinem Tod 1617 auf das Malen. (Text: Städel Museum Frankfurt am Main)